Es ist der Horror eines jeden Unternehmers:
Man steckt einen 5‑stelligen Betrag in den Relaunch der Website, doch anstatt höhere Konversionsraten zu generieren, erreicht die neue Website genau das Gegenteil: die Konversionsrate bricht um fast die Hälfte gegenüber der alten Website ein.
Genau diese leidvolle Erfahrung musste ein bekannter mitteleuropäischer Edelmetallhändler nach dem Relaunch ihrer Website in 2016 machen.
Eine Lösung musste her, und zwar schnell. Da kam mein Workshop über Website-Kernsanierung bei der Bundeskonferenz der Wirtschaftsjunioren in Konstanz zu genau der richtigen Zeit. Der Geschäftsführer des Edelmetall-Shops kam nach dem Vortrag auf mich zu und schilderte mir seine Probleme.
Einen so spannenden Fall ließ ich mir natürlich nicht entgehen.
Besucher wurden nicht zu Käufern
Durch den Einbruch der Konversionsrate ging dem Händler viel Geld verloren. Es war nur nicht klar, warum eigentlich. Besucher der Website kauften nicht mehr so oft wie davor.
Es galt herauszufinden, wo die Probleme lagen, warum die Besucher der Website unverrichteter Dinge wieder von Dannen zogen.
Als Ziel setzten wir uns eine mittelfristige Erhöhung der Konversionsrate um 2%.
Die Low-hanging Fruits
Wir starteten mit den kleinen, offensichtlichen und schnell umsetzbaren Änderungen – den low-hanging fruits, die man gleich pflücken kann um die Konversionsrate schnell nach oben zu treiben und die ersten Gewinne zu realisieren.
Dazu analysierten wir die Webseite, zum einen mit Google Analytics, heuristischen Mehtoden und zum anderen durch Kundenbefragungen.
Ein Ergebnis dieser Analysen war beispielsweise, dass die meisten Kunden älter als fünfzig Jahre sind. Die kleine Schrift auf der Website war für ältere Personen aber schwer zu lesen. Der Hauptzielgruppe des Edelmetall-Shops wurde es also schwer gemacht, sich auf der Website zurecht zu finden und sich über die Produkte zu informieren. Das führte zu frühzeitigem Wegklicken.
Für dieses Problem gab es aber einen schnellen Fix: wir vergrößerten die Schrift und erhöhten die Kontraste, sowohl bei den Texten als auch bei den Buttons. Jetzt schreckte zumindest nicht mehr die schlechte Lesbarkeit die potentiellen Kunden ab.
Kunden beschwerten sich des Weiteren auch über lange Ladezeiten. Langsam ladende Websites sind nervtötend und führen dazu, dass Besucher die Site schnell wegklicken und woanders weiter surfen. Dabei können Webseiten ganz einfach schneller gemacht werden. Durch viele Drittanbieter-Einbindungen sind die Ladezeiten noch immer nicht da, wo sie sein sollen – aber der Shop ist auf einem guten Weg.
In diesem Stil gab es circa 20 – 30 leicht umsetzbare Änderungen, die tatsächlich einen Konversionsschub einbrachten. Wir arbeiteten diese kleinen Änderungen Stück für Stück im ersten Monat ab.
Die harten Brocken mit A/B‑Testing Schritt für Schritt abtragen
Um den schwerwiegenderen Gründen des Konversionseinbruchs auf die Schliche zu kommen, entschieden wir uns dazu A/B‑Tests durchzuführen.
Bei A/B‑Testing werden zunächst Hypothesen über mögliche Änderungen der Site aufgestellt, die dann auf der Website getestet werden. Hierbei sehen 50% der Besucher die Originalseite, 50% sehen die neue Seite, welche die Hypothese testen soll.
Der Warenkorb wurde entschlackt, störende und irrelevante Elemente entfernt. Der nächste Schritt wurde klarer gemacht.
Nach circa einem Monat werden die Ergebnisse analysiert um herauszufinden ob eine der Varianten die Konversionsrate erhöht und damit die Hypothese bestätigt oder nicht. Mit den Ergebnissen aus diesen Tests kann die Website dann Schritt für Schritt angepasst und anhand der Reaktion der Besucher verbessert werden.
Durch die Kundenumfragen und das Benutzerverhalten erhielten wir Anhaltspunkte, in welchen Bereichen sich etwas ändern muss und welche Tests sinnvoll sein könnten. Jeden Monat testeten wir rund ein halbes Dutzend Hypothesen. Wir vereinfachten zum Beispiel Produktseiten, überarbeiteten die Startseite mit einer Suchmaske, entschlackten den Bestellvorgang oder lösten Tabs auf Produktdetailseiten auf.
Auf dem Siegertreppchen
Drei klare Gewinner möchten wir hier zeigen:
- Platz 1: Die Entschlackung des Warenkorbs mit Produktempfehlungen erhöhte die Konversionsrate um 60%
- Platz 2: Die Vereinfachung der Produktseite steigerte die Konversionsrate um 48%
- Platz 3: Das Verlängern der Produktseiten und Auflösen der Tabs brachte 37% Konversionsratensteigerung
Andere Varianten brachten nur bis zu 8% Steigerung der Konversionsrate, das heißt die Gewinner-Variante ist nicht mit klarem Vorsprung eindeutig. Manche davon lohnt es sich daher nicht weiter zu verfolgen. Bei anderen machen kleine Änderungen im Test aber Sinn.
Traurige Verlierer – trotzdem nicht umsonst
Einige der Tests generierten Verlierer statt Gewinner. Bei diesen brach die Konversionsrate bei der neuen Variante ein anstatt sich zu steigern. Die statistische Signifikanz der Variante, die bei A/B‑Tests immer mit ermittelt wird, kann jedoch anzeigen, dass trotzdem an den richtigen Hebeln gezogen wird – nur eben von der falschen Seite.
In der Shopnavigation nur die beliebtesten Filter auszuklappen verlor beispielsweise mit 20% fallender Konversionsrate. Die Filter-Navigation ist also wichtig für Besucher. Wir müssen nur noch besser verstehen wie und warum sie genutzt wird, um sie für den Nutzer einfacher gestalten zu können. Das heißt wir werden trotz Einbruch der Konversionsrate auch hier weitere, angepasste A/B‑Tests durchführen.
Ein Beispiel dafür, dass weitere Tests trotz negativem Ergebnis funktioniert, war die „Vereinfachung Warenkorb“. Diese Variante war im Februar mit 6% fallender Konversionsrate ein Flop. Hierzu hatten wir den Warenkorb radikal vereinfacht und alle störenden Elemente entfernt, darunter auch die Produkt-Empfehlungen, die Fußleiste und die Navigation. Wir waren aber auf der richtigen Fährte. Daher führten wir im März fast den gleichen Test noch einmal durch, behielten aber ein entscheidendes Element im vereinfachten Warenkorb: die EPOQ-Empfehlung. Und siehe da – diese Variante steht nun auf dem Siegertreppchen auf Platz 1.
Herausforderung Projektmanagement
Eine interessante Herausforderung in diesem Projekt ist das notwendige Projektmanagement. Ich kommuniziere nicht nur regelmäßig mit dem Geschäftsführer, sondern auch mit dessen Website-Entwickler und ‑Designer, sowie teils auch mit anderen Dienstleistern. Die Abstimmungsnotwendigkeit ist extrem hoch; die Reihenfolge der Schritte und Tätigkeiten muss festgelegt, kommuniziert, nachgefasst und eingehalten werden.
Die mit den A/B‑Test bewertete gewinnbringenden Varianten müssen beispielsweise im nächsten Schritt im Live-Shop umgesetzt werden. Da dies tief ins Technische geht wird hierfür ein Entwickler benötigt – am Besten derjenige, der den Shop damals schon aufgesetzt hat und ihn in- und auswendig kennt.
Um die Änderungen schnellstmöglich nach Analyse der Ergebnisse umsetzen zu können, ist es als Shop- und Websitebetreiber extrem wichtig, in enger und frühzeitiger Abstimmung mit diesen Entwicklern zu planen. Beim Entwickler muss Zeit reserviert werden für die Vorbereitung und Umsetzung; je früher er darüber Bescheid weiß, desto schneller sind die notwendigen Änderungen vorgenommen und desto schneller steigt die Konversionsrate wieder.
Daher mein Fazit: A/B‑Testings sind eine tolle Sache um herauszufinden wie die Konversionsrate einer Website bestmöglich gesteigert werden kann. Wenn dies schnellstmöglich geschehen soll, muss aber auch eine gute Planung und Abstimmung der einzelnen Tests sowie deren Umsetzung im Shop bzw. der Website im Anschluss erfolgen.
Weiter geht‘s
In diesem Stil werden wir auch in den nächsten Monaten weitermachen: Stück für Stück mit A/B‑Tests werden wir den Shop des Händlers verbessern und die Konversionsrate wieder steigern.
Das hört sich nach einem langwierigen Prozess an und ja, wir würden gerne schneller vorankommen. Für erfolgreiche A/B‑Tests braucht man allerdings eine gewisse Masse an Besuchern und Transaktionen auf der Website, um eine sinnvolle Aussage über die verschiedenen Hypothesen und Varianten zu erhalten.
Eine Faustregel besagt: Rund 100’000 Besucher braucht man monatlich auf seiner Website, damit A/B‑Tests Sinn machen. Wie das bei Faustregeln aber so ist: Man muss immer den Einzelfall betrachten.
Der Erfolg zeichnet sich aber jetzt schon ab und der Aufwand zahlt sich bereits mit gesteigerten Konversionsraten aus. In ein paar Monaten haben wir noch größere Aufholschritte gemacht und können nicht nur an die Konversionsraten der vorherigen Website anknüpfen, sondern diese bestimmt auch bald überbieten.
So steigern Sie Ihre Resonanzfähigkeit – und damit Ihre Konversionsrate
Damit Wahrnehmung und Kommunikation entsteht, ist es erforderlich “auf dieselbe Wellenlänge” zu kommen oder kurz: In Resonanz zu sein.
Im folgenden Video erfahren Sie, wie Resonanzfähigkeit Ihre Konversionsrate steigert und wie Sie resonanzstarke Werbemittel erzeugen, die Ihre Zielgruppe auf unterschiedlichen Ebenen ansprechen und berühren.