47% von eCommerce Shops scheitern innerhalb der ersten 4 Jahre und gehen wieder offline.
Also fast die Hälfte! Heftig, oder?
Das passiert obwohl sie gute Konversionsraten, ordentliche Suchmaschinenoptimierung und ansprechende Designs für Ihren Shop umgesetzt haben.
Woran also liegt es?
Der wahre Grund für dieses Scheitern liegt daran, dass das Marketing nie richtig funktioniert hat. Die erfolgreichen Shops kennen nämlich den Unterschied zwischen „Wir müssen mehr Klicks erzeugen“ und einer Marketingstrategie, die Ihren eCommerce Shop für Sie arbeiten lässt.
Wie eine solche erfolgreiche Marketingstrategie aussieht und wie Sie selbst eine solche aufstellen können, erläutern wir hier.
Inhalt
Mit dem „Kaffeefiltermodell“ zu systematischem Marketing
Zur Veranschaulichung von systematischem Marketing nehme ich gerne das Bild meines lecken aber nutzbaren Kaffeefilters aus meiner Studienzeit zur Hand.
Stellen Sie sich vor: Sie haben eine Kaffeetasse, auf der ein Plastikfilter mit Filtertüte sitzt. Der Plastikfilter ist schon etwas älter und hat Risse. Sie bekommen also unten etwas weniger Kaffee heraus, als Sie oben Wasser hinein schütten.
Lecker ist der Kaffee trotzdem, aber ein guter Teil des heißen Wassers leckt durch die Risse hinaus und landet nicht in der Kaffeetasse.
Das lässt sich super auf den Onlinehandel übertragen: Oben kippen Sie Fremde rein, unten kommen Kunden raus.
Dazwischen „laufen“ diejenigen Fremden „aus“, die Sie nicht erst in Besucher, dann in Interessenten und schließlich zu Käufern konvertieren können. Also die Leute, die nicht an Ihrem Shop und Ihren Produkten interessiert sind.
Das sind übrigens auch die Phasen des systematischen Marketings, auf die wir in den nächsten Abschnitten genauer eingehen werden:
Fremde zu Besuchern
Wie machen Sie Fremde Menschen, die im Internet herumsurfen, zu Besuchern Ihres Shops? Wie sprechen Sie die richtigen Menschen auf die richtige Art und Weise an, um ihr Interesse an Ihrem Shop und Ihren Produkten zu wecken?
Ziel dieser Phase des Kaffeefiltermodells ist es, Fremde zu Besuchern zu konvertieren, indem diese einmal Ihren Shop aufrufen.
Nische festlegen
Wer im eCommerce erfolgreich sein möchte, sollte gar nicht erst versuchen mit großen Händlern wie Amazon zu konkurrieren. Der Wettbewerb ist zu hart, die Margen zu klein.
Um im eCommerce erfolgreich zu sein, gibt es zwei grundlegende Strategien: Spezialisierung oder eigene Produkte. Wenn Sie es schaffen beide zu kombinieren, können Sie sehr gute Margen erzielen.
In beiden Fällen müssen Sie aber zuerst Ihre Nische erkennen und festlegen. Dafür sollten Sie zunächst von sich selbst ausgehen:
- Für was brennen Sie?
- Was sind Ihre großen Leidenschaften?
- Was können Sie gut?
- Welche relevanten Erfahrungen haben Sie im Bezug auf Ihre Leidenschaften und Fähigkeiten?
Auf Basis der Antworten auf oben genannte Fragen, beantworten Sie noch die folgenden:
- Welche Nischenmärkte gehören jeweils zu Ihren Antworten?
- Welche davon hören sich für Sie am Spannendsten an?
- Von diesen spannendsten Märkten, welche sind am profitabelsten?
Wenn Sie diese Fragen für sich beantwortet haben, erhalten Sie Ihre optimale Nische.
Zielgruppe festlegen
Sie kennen nun Ihre Nische. Als nächstes geht es darum, Angehörige dieser Nische in den Weiten des Internets ausfindig zu machen und diese zu überzeugen in Ihrem Shop einzukaufen.
Denken Sie am Besten so darüber nach: Ziel des Marketings ist es, möglichst viele Leute zu verscheuchen. Also solche, die kein Interesse an Ihrer Nische haben. In dem Moment, in dem Sie möglichst viele Leute verscheuchen, ist die Kommunikation deutlich relevanter für die Menschen, die übrig bleiben – also die Angehörigen Ihrer Nische; die Leute, die tatsächlich in Ihrer Kaffeetasse landen.
Um herauszufinden, wie dieser „ideale Kunde“ für Ihre Nische aussieht, stellen Sie sich die folgenden Fragen:
- Wer ist Ihr idealer Kunde?
- Warum kaufen diese idealen Kunden? Was ist ihr Kaufmotiv?
- Wo treffen sich Ihre idealen Kunden on- und offline mit Menschen mit ähnlichen Interessen?
- Wie lässt sich ihre Lebenssituation beschreiben?
- Welche noch unbefriedigten Bedürfnisse haben die Kunden?
- Wer trifft oder beeinflusst die Kaufentscheidung?
- Wo und wann wird gekauft?
- Wie sehen die Kauffrequenzen aus?
Die Antworten auf diese Fragen geben Ihnen nicht nur Ihre Zielgruppe, sondern auch Anhaltspunkte, welches die besten Werbekanäle für diese Zielgruppe sind.
Werbekanäle nutzen
Das Internet bietet heutzutage viele Möglichkeiten um Werbung zu schalten und diese dabei gezielt an Ihre idealen Kunden, also die Angehörigen Ihrer Nische, zu richten.
Google Display Ads sind Bildanzeigen, die auf Webseiten im Google Display Network geschaltet werden können. Sie erlauben es Ihnen beispielsweise Werbeanzeigen mit Bildern direkt auf Webseiten, die ihre Zielgruppe interessieren, zu schalten.
Product Listing Ads (zu deutsch: Produktauflistungsanzeigen) sind cost-per-click (CPC) Anzeigen, die Sie beispielsweise über Google AdWords kaufen können. Diese Anzeigen tauchen mit Bild und Preis in der Google Ergebnisliste Ihrer idealen Kunden auf, wenn sie nach bestimmten Begriffen suchen. Ein Klick auf die Anzeige führt den Besucher direkt zu Ihrer Shop Seite.
Facebook Ads mit Lookalike Audiences (zu deutsch: Zwillingszielgruppen) sind ein geniales Tool. Facebook hat hiermit im Prinzip eine Personensuchmaschine gebaut. Sie können Facebook eine Kundenliste – beispielsweise die bereits bestehenden Kunden Ihres eCommerce Shops – übergeben, anhand derer Facebook weitere Personen findet, die Ihren Kunden ähneln. An diese spielen Sie dann Werbeanzeigen aus.
Für tiefere Einblicke in und genaue Vorgehensweisen für diese und weitere Werbekanäle, lesen Sie mein Buch „Mehr Gewinn mit WooCommerce“. Lesen Sie hier das Probekapitel.
Der richtige Traffic auf die richtige Seite
Mit den oben beschriebenen Werbekanälen generieren Sie Besucherverkehr für Ihren Shop. Leiten Sie diesen aber nicht auf Ihre Startseite, sondern jeweils auf individuelle und dedizierte Landingpages.
Jede Landingpage ist eine Seite auf Ihrer Website, die nur ein einziges Ziel hat: sie sammelt die Emailadresse Ihrer Besucher im Tausch gegen ein Geschenk. Das können beispielsweise Gutscheine, exklusive Deals, Ratgeber oder Anleitungen sein. Jede Zielgruppe und jede Quelle sollte dabei idealerweise ihre eigene Landingpage haben.
Besucher zu Interessenten
Momentan sieht die Situation folgendermaßen aus: Die Besucher, die Sie aus Fremden generiert haben, sind noch weit davon entfernt, bei Ihnen etwas zu kaufen. Der Markenname ist zwar bekannt, vielleicht sogar Ihre Produkte – mehr aber noch nicht.
Auf die menschliche Ebene übertragen heißt das: Sie sind jetzt vielleicht Bekannte aber noch keine Freunde. Sie haben noch keine auf Vertrauen basierende Beziehung aufgebaut.
Womit wir schon beim Schlüsselwort sind: Vertrauen.
Vertrauen aufbauen, Zweifel beseitigen
Menschen kaufen keine Produkte bei Verkäufern, denen sie nicht vertrauen oder bei denen sie noch Zweifel haben. Würden Sie ja auch nicht tun, nicht wahr? Als Shopbetreiber müssen Sie also diese Zweifel beseitigen und das Vertrauen aufbauen.
Dafür gibt es vor allem zwei exzellente Kanäle:
- Remarketing mit Facebook
- Remarketing per Email
Facebook Remarketing
Remarketing bedeutet, Werbeanzeigen an Leute auszuspielen, die zuvor Interesse an Ihrer Marke oder Produkten gezeigt haben und die Sie beim Besuch Ihrer Website mit einem Cookie versehen haben. Diese Cookies merken sich über einen im Browser hinterlegten Code die vom Nutzer besuchten Seiten.
Facebook ruft diesen Code ab wenn der Nutzer in seinem Facebook-Profil vorbeischaut und präsentiert ihm passende Angebote zum gespeicherten Cookie.
Wenn ein Besucher, der Ihre Website bereits einmal besucht hat und dabei mit einem Cookie versehen wurde, seinen Facebook Feed durchstöbert, wird ihm Ihre Anzeige gezeigt und er erinnert sich an sein Interesse an Ihren Produkten.
Remarketing per Email
Dafür legen Sie dynamische Emails an, die zum richtigen Zeitpunkt mit dem richtigen Inhalt an die richtige Person versandt werden. Das sind so genannte Drip-Email-Kampagnen.
Diese Drip-Emails werden versendet wenn der Empfänger bestimmte Bedingungen erfüllt hat. Nach der Abonnierung Ihres Newsletters, beispielsweise, könnten diese Emails folgendermaßen aussehen:
- Begrüßung am Tag 1. Sie bedanken sich für die Anmeldung und das Interesse, stellen sich vor, informieren den Kunden über die Inhalte der kommenden Emails und erkundigen sich ob der Kunde noch Fragen hat.
- „Goodie“ am Tag 2. Sie bringen dem Kunden das Versprochene bei oder senden ihm das versprochene Geschenk und fügen am Ende einen Link zu einem passenden Produkt ein.
- Markengeschichte am Tag 3. Erzählen Sie die Geschichte Ihrer Marke und fügen ein weiteres Produkt in einem P.S. hinzu.
- Nischenhinweise am Tag 4. Senden Sie Ihrem Kunden anwendbare Tipps, wie beispielsweise „5 Dinge, die Profis tun“, die direkt aus Ihrer Nische kommen.
- Erfolgsgeschichte am Tag 5. Erzählen Sie die Erfolgsgeschichte eines Kunden, der eine super Erfahrung mit Ihnen oder Ihrem Produkt gemacht hat. Bauen Sie ein Zitat des Kunden ein, am Besten mit Foto, und am Ende eine klare Handlungsaufforderung das Produkt zu kaufen.
Einmal angelegt können Sie verfolgen welche dieser Emails geöffnet und geklickt werden und wo die meisten Abmeldungen passieren. Mit diesen Daten können Sie Ihre Emails nach und nach optimieren.
Wenn der Kunde diese Serie durchgemacht hat, kennt er die Marke, den Shop und die Produkte – und hat sich entschieden ob er kaufen will oder nicht. Jetzt fehlt nur noch das Vertrauen, sowie der Abbau letzter Zweifel, um den Kaufimpuls zu setzen und Interessenten zu Kunden zu machen.
Interessenten zu Kunden
Die Kunden sind jetzt vom Produkt überzeugt; fehlt nur noch das letzte Quäntchen Vertrauen. Jetzt müssen Sie den Kunden noch von Ihrem Shop überzeugen. Er muss sich sicher sein, dass seine Bestellung korrekt ausgeführt wird, zügig geliefert wird und ihm bei etwaigen Problemen schnell und professionell geholfen wird.
Ziel: der potentielle Kunde legt etwas in den Warenkorb.
Beziehung übers Internet aufbauen
Da der direkte menschliche Aspekt im Internet fehlt, ist es schwierig gute Beziehungen zum Kunden zu knüpfen. Sie machen es sich leichter wenn Sie die Kommunikation auf persönlicher Ebene abspielen lassen.
Das heißt jetzt nicht, dass Sie jede Email selbst schreiben müssen. Die folgenden Indikatoren helfen Kunden, trotzdem Vertrauen zu Ihnen zu fassen:
- Interaktion mit dem Kunden. Je mehr Berührungspunkte mit dem Kunden, desto mehr Chancen Vertrauen aufzubauen. Das können Anzeigen, Emails oder Videos sein.
- Ihre eigene Persönlichkeit zeigen. Teilen Sie persönliche Geschichten, wo angebracht, beispielsweise auf Ihrer „Über Uns“ Seite, auf Social Media oder in Ihrer Email-Serie. Zeigen Sie Ihre Menschlichkeit und Offenheit.
- Bieten Sie aktiven Kundenservice. Reagieren Sie nicht reaktiv, also erst wenn sich jemand beschwert, sondern genau anders herum. Einen Tag nach Lieferung der Ware an Ihren Kunden, fragen Sie nach: Ist alles in Ordnung mit dem Produkt? Können wir noch etwas für Sie tun?
- Reduzieren Sie Risiken für Kunden wo immer möglich. Bieten Sie Zufriedenheitsgarantie, Gratis-Rücksendung, Preisgarantie gegenüber dem Wettbewerb und kommunizieren Sie diese.
Kurz gesagt: Versuchen Sie aufrichtig, Ihren potentiellen Kunden nach bestem Wissen und Gewissen zu helfen.
Vorteile verkaufen statt Eigenschaften
Wenn Sie sich schon mit Online-Marketing beschäftigt haben, ist Ihnen bestimmt der Spruch „benefits sell, features don‘t“ untergekommen. Er bedeutet so viel wie “Vorteile verkaufen sich, Eigenschaften nicht”. Damit ist gemeint, dass Sie Ihre Marketing auf die Vorteile Ihres Produktes fokussieren sollten statt auf die Eigenschaften.
Was es genau damit auf sich hat, erfahren Sie in diesem detaillierten Artikel.
Einzigartige Vorteile sind Wettbewerbsvorteile
Wenn Sie einen Vorteil bieten, den Ihre Wettbewerber nicht aufweisen können, ist dies ein einzigartiger Vorteil und somit ein Wettbewerbsvorteil. Einen schwer kopierbaren Vorteil zu schaffen ist dabei der größtmögliche Wettbewerbsvorteil.
Mehr dazu lesen Sie hier.
Warenkorbabbrecher reaktivieren
Der Kunde ist nun vom Produkt und Ihrem Shop überzeugt und hat etwas in den Warenkorb gelegt. In manchen Fällen ist nun aber nochmal ein Kaufimpuls notwendig um die Bestellung abzuschließen.
Dafür kann es unterschiedliche Gründe geben:
- Der Kunde hat seine Kreditkarte / Online Banking Daten / Bankdaten nicht zur Hand
- Der Kunde wird im Bestellprozess unterbrochen
- Der Kunde hat keine Zeit um den Kauf abzuschließen, sondern legt das Produkt „für später“ in den Warenkorb
Dieses „für später“ ist das Problem. Meist tritt es nämlich nie ein.
In Ihrem Google Analytics Account können Sie prüfen, wie viele Personen etwas in den Warenkorb legen und wie viele davon dann tatsächlich den Kauf abschließen.
Sie können dabei sogar Ihre Konversionsrate zwischen „In den Warenkorb gelegt“, „Warenkorb“ und „Bestellübersicht“ bis „Bestellung getätigt“ prüfen. Diese Analyse kann Ihnen aufzeigen an welchem Schritt die potentiellen Kunden dazu tendieren auszusteigen und die Ware doch nicht zu kaufen.
Warenkorbrettung per Email und Anzeige
Wie animieren Sie nun aber die Leute, die trotz vollstem Vertrauen in den Shop und die Produkte den Kaufvorgang im letzten Monat abbrechen?
Sie senden dem Kunden eine Serie von Emails um ihn doch noch zu gewinnen. Diese enthalten den direkten Link zu seinem Warenkorb um den Abschluss der Bestellung so leicht und bequem wie möglich zu machen.
Dafür senden Sie am Besten die drei folgenden Emails:
- 30 Minuten nach Warenkorbabbruch: Fragen Sie, ob Hilfe gebraucht wird. Gibt es eine Frage oder hat etwas nicht funktioniert? Gestalten Sie diese Email persönlich und senden sie von einer persönlichen Emailadresse, auf die der Kunde antworten kann.
- 3 Tage nach Warenkorbabbruch: In dieser Email bieten Sie etwas an, beispielsweise einen Rabattgutschein, kostenloses Zubehör oder einen Gutschein für eine bessere Versandart.
- 7 Tage nach Warenkorbabbruch: Diese Email gibt dem Kunden Bescheid, dass der Warenkorb bald gelöscht wird. Das funktioniert weil Menschen ungern etwas verlieren.
Diese Warenkorbrettung sollten Sie auch mit Anzeigen durchführen, da Sie vielleicht die Emailadresse Ihres potentiellen Kunden noch gar nicht haben. Das kann beispielsweise über Facebook laufen.
Legen Sie dafür im Facebook Werbeanzeigenmanager zwei Custom Audiences an:
- Personen, die Waren in den Warenkorb gelegt oder den Warenkorb aufgerufen haben
- Kunden, die die Bestellung abgeschlossen haben
Im nächsten Schritt legen Sie eine Anzeige an, welche die Custom Audience 1 einschließt und Custom Audience 2 ausschließt.
Kunden zu Stammkunden
Gratuliere! Sie haben es geschafft: aus Fremden sind Kunden geworden.
Doch wie maximieren Sie nun den Lifetime Value eines Kunden? Wie animieren Sie den Kunden dazu, erneut bei Ihnen zu kaufen und seine Erfahrungen zu teilen?
Ganz ehrlich: Die Antworten würden den Rahmen dieses ohnehin schon umfangreichen Artikels sprengen. Aber keine Sorge – Sie erhalten die Antworten sowie eine detaillierte Vertiefung des Kaffeefiltermodells in meinem Buch „Mehr Gewinn mit WooCommerce“.